Meine Erinnerungen an die ersten Zoobesuche reichen zurück in die 1960er Jahre und im Vergleich zu damals gab es in den vergangenen Jahren eine sehr positive Entwicklung. Was sich meiner Meinung nach nicht geändert hat seit dem Tiere, in welcher Form auch immer, ausgestellt werden, ist unsere Faszination für exotische Tiere. Auch die Gründe warum Tiere präsentiert werden haben sich im Laufe der Jahrhunderte verändert – zum Wohl der Tiere.
Zooähnliche Tierhaltung ist bereits aus Ägypten, China oder aus Mexiko bekannt. Funde belegen, dass ca. 3500 v. Chr. in Hierakonpolis, dem damaligen politischen und religiösen Zentrum Oberägyptens, Tiere gehalten wurden. Kaiser Wu-Wang, der Ahnherr der Zhou-Dynastie, lies um 1150 v. Chr. den Garten der Intelligenz anlegen, in dem zahlreiche Tiere aber auch Pflanzen aus weit entfernten Regionen gezeigt wurden. Bei der Eroberung Mexikos staunten die Spanier nicht schlecht, als sie eine Anlage vorfanden, die den späteren Menagerien in Europa ähnelte und in der Aztekenherrscher Moctezuma II in Wasserbehältern, Vogelhäusern und Käfigen eine Vielzahl exotischer Tiere hielt. Man kann wohl davon ausgehen, dass die damaligen Herrscher die Tiere – zumindest die Säugetiere – nicht nur als Schauobjekte, sondern auch zur Jagd oder als Opfergabe hielten.
Eine besonders unrühmliche Art der Tierhaltung wurde im römischen Reich praktiziert. Mit Tierhetzen, Gladiatorenkämpfen oder Wagenrennen in Arenen versuchte das herrschende Patriarchat Einfluss auf das niedere Volk zu bekommen, um so in der Hierarchie weiter aufzusteigen oder die eigene Position zu festigen. Der Verbrauch an exotischen Tieren aus Afrika, dem Nahen Osten und Indien war enorm und führte zur Dezimierung vieler Tierarten in den von Rom beherrschten Gebieten. Die erste Tier Hatz durch Marcus Fulvius Nobilior fand 188 v. Chr. statt. Die letzte bekannte Tierhatz in Rom wurde vom Ostgotenkönig Theoderich dem Großen 523 n.Chr. durchgeführt. Mit Beginn der Völkerwanderung verlor diese Art der Volkbelustigung zunächst ihre Bedeutung.
Damit allerdings nicht genug. Zu Beginn der Neuzeit (Wechsel vom 14. zum 15. Jahrhundert) wurde es en vogue, in den Herrscherhäusern wieder Kampfarenen einzurichten. Mit der Kolonialisierung war der Nachschub an exotischen Tieren gesichert und der Vernichtungsfeldzug nahm seinen Lauf. Hinzu kam, dass die neuen Herren in Indien, Afrika oder Südamerika ihre Jagdleidenschaften entdeckten. Am Beispiel der Löwen kann man die Ergebnisse leicht nachvollziehen. Bis ins Jahr 146 n.Chr. gab es praktisch keine Löwen mehr in Mittel- und Südeuropa. Mit der Eroberung von Nordafrika durch Rom ereilte die Löwenpopulation dort das gleiche Schicksal. Durch die aufkommende Jagdleidenschaft der Kolonialisten, wie bereits erwähnt, schrumpften die Bestände ab dem 15. Jhd. In Nord- und Südafrika. Den asiatischen Löwen ging es nicht besser. Ursprünglich waren sie von der Osttürkei über den Nahen Osten, Zentralasien bis nach Indien weit verbreitet. Die Bilanz menschlicher Dummheit und Geltungssucht: Der letzte Kap-Löwe wurde Mitte des 19. Jhds., die letzten freilebenden Löwen in Marokko und Algerien Anfang des 20 Jhds. erschossen. Die letzten indischen Löwen leben heute im Bundesstaat Gujarat. Zwischen 1800 und 1942 wurden die Löwen auf der Arabischen Halbinsel, in der Türkei, Syrien, Iran, Irak, Pakistan, Afghanistan und Zentralasien ausgerottet.
Aber zurück zur Tierhaltung. Mit Beginn des Zeitalters der Aufklärung um 1700 verschwanden die Tierkampfarenen und die europäischen Herrscher ließen Menagerien bauen in denen Vögel und exotische Tiere gezeigt wurden. Integriert waren die Menagerien üblicherweise in große Gartenanlagen zu denen allerdings nur der Adel und Würdenträger Zutritt hatten. Eine der bedeutendsten Anlagen dieser Art wurde vom Ludwig XIV dem Sonnenkönig in Versailles gebaut. Die nahe gelegene Arena von Vincennes wurde um 1700 geschlossen und die verbliebenen Tiere nach Versailles gebracht.
Ein großer Schritt von der Menagerie zum Zoologischen Garten vollzog sich im Rahmen der französischen Revolution. Das private Präsentieren von Tieren wurde verboten. Der bereits im Jahre 1626 von König Ludwig XIII angelegte „Jardin des Plantes“ wurde um 1790 zum ersten Zoologischen Garten in Europa. Tiere aus Wandermenagerien, sonstiger privater Haltung und nicht zuletzt nach Auflösung der Menagerie von Versailles 1793 wurden im „Jardin des Plantes“ untergebracht. Tiere wurden nun nicht mehr zur Repräsentation durch den Adel gehalten. Die Öffentlichkeit bekam Zutritt und die Wissenschaft interessierte sich nun nicht nur für das Aussehen exotischer Tiere, sondern begann mit Untersuchungen und Beobachtungen zum Verhalten und zur artgerechten Haltung. Weitere wichtige Themen aus dieser Zeit waren u.a.: Evolution und Systematik im Tierreich. Die Zoologie schlug hier ein wichtiges Kapitel auf.
Als ältester Zoo der Welt gilt allerdings die Menagerie von Schönbrunn. Zunächst diente diese nach Eröffnung 1752 nur dem wissenschaftlichen Interesse von Kaiser Franz I. Zutritt hatten seine Familie und Höflinge. Aber bereits 1779 wurde die Anlage der Öffentlichkeit – bei freiem Eintritt – zugänglich gemacht.
Eine wahre Welle von Zoogründungen setzte im 19. Jhd. ein. Zunächst in London 1828 (dieser nannte sich zum ersten Mal „Zoologischer Garten“), in den folgenden Jahrzehnten überall in England. Deutschland folgte mit Berlin 1844 und Frankfurt 1858. Im Unterschied zu den Menagerien oder fürstlichen Tierparks verfolgten die neu eröffneten Zoos einen Bildungsanspruch. Sie wollten wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Tierhaltung ziehen und diese an die Bevölkerung vermitteln. Allerdings sollten sie auch der Erholung der Bevölkerung dienen und so wurden viele Zoos mit Restaurants, Spielplätzen, Pavillons etc. ausgestattet, sodass durchaus der Unterhaltungswert in den Vordergrund trat.
Mitte des 19. Jhd. tritt ein Mann auf den Plan, der die Zoolandschaft im wahrsten Sinne des Wortes entscheidend veränderte und prägte – Carl Hagenbeck (geb. 1844). Der Vater von Carl Hagenbeck war eigentlich Hamburger Fischhändler. Durch einige Seehunde die er als Beifang von einem Kutter (lebend) erhielt, kam er auf die Idee, mit Tieren zu handeln. Vor dem Hintergrund, dass die vielen neuen europäischen Zoos einen schier unglaublichen Bedarf an Tieren hatten, war es wohl nicht die schlechteste Idee. Er baute eine sogenannte Handelsmenagerie, in der Tiere zum Weiterverkauf untergebracht waren, die aber öffentlich Zutritt gewährte. Diese wurde nach einem Umzug von seinem Sohn Carl vergrößert. Carl nannte es nun nicht mehr Handelsmenagerie, sondern Tierpark. Es war eine parkähnliche Anlage mit Käfigen, Freigehegen und wohl auch einer Bühne, denn Hagenbeck bot seinen Besuchern auch eine „Völkerschau“. Die Fremden präsentierten hier in Gruppen Volkstänze, Jagdszenen und andere folkloristische Darbietungen ihrer Kultur. Im Jahre 1897 kaufte Carl Hagenbeck ein Grundstück in Hamburg-Stellingen, auf dem 1907 der Tierpark Hagenbeck eröffnet wurde.
Hagenbeck verwirklichte nun sein Konzept der gitterlosen Präsentation der Tiere, außerdem veränderte er die Landschaftsarchitektur dahingehend, dass die Tiere in einer Ihrem Herkunftsland nachempfundenen Freigehege leben konnten. Wassergräben bildeten nun die Grenze zwischen Tier und Besucher. Seiner Vorstellung nach muss die Tierhaltung artgerecht sein: Rudeltiere sollen in Rudeln leben oder revierbildende Tiere erhalten größere Freianlagen. Er hat zusammen mit dem Hamburger Zoologen Alexander Sokolowky viele revolutionäre Ideen entwickelt und umgesetzt. Er hat mit Phantasie und Liebe zu den Tieren die Zoohaltung von Tieren bis heute maßgeblich beeinflusst.
Trotzdem stellt sich natürlich die Frage, ob ein Tier in Gefangenschaft überhaupt „artgerecht“ gehalten werden kann. Aber das Für und Wider möchte ich in einem weiteren Artikel beleuchten.
Bei meiner Recherche zum Artikel war mir außer dem Internet auch Ulrich Wirths Studienarbeit „Die Kulturgeschichte der zoologischen Gärten“ erschienen im Grin Verlag, eine große Hilfe.