Gorillas

Warum sollte ich eigentlich über Gorillas schreiben und nicht lieber über Quolls oder Schuhschnäbel? Die kennt kaum jemand und es gibt das eine oder andere Spannende über sie zu berichten. Menschenaffen genießen ja schon eine hohe mediale Aufmerksamkeit und es gibt tolle Blogs und Infos über Gorillas im Internet. Also warum?
Es sind die zahlreichen Begegnungen in Zoos, die mich immer wieder tief beeindrucken und der letzte Anstoß waren der Film über Dian Fossey und ihr Buch „Gorillas im Nebel“. Ich werde mich jedoch auf einige Aspekte im Leben der Gorillas beschränken müssen, hier zunächst etwas Geschichte und Geographie. In Teil 2 lasse ich Coco zu Wort kommen. Wer sich weiter informieren will, dem empfehle ich die am Ende meines Beitrags genannten Webseiten.

Menschen und Gorillas, das war schon immer ein toxisches Verhältnis* und so verwundert es nicht, dass ihr Weg von ihrer Entdeckung bis in die europäischen und amerikanischen Zoos geprägt waren von Tierleid, Grausamkeit, Unverständnis und mangelndem Sachverstand.

* Eine toxische Beziehung besteht aus einem dominanten, fordernden und einem eher zurückhaltendem, schwachen Part. Die Bedürfnisse des dominanten Parts stehen absolut im Fokus.

Gorillas und Wir – Teil 1

„Drei Tage lang segelten wir von dort an feurigen Sturzbächen entlang und gelangten dann an eine Bucht, die ‚Horn des Südwinds‘ (Nótū Kéras) hieß. Im Winkel lag eine Insel, die der ersten glich und ebenfalls einen See aufwies. Und in diesem See lag eine weitere Insel, voll von wilden Menschen. Es waren überwiegend Weiber, die am ganzen Körper dicht behaart waren; die Dolmetscher nannten sie goríllai. Wir verfolgten sie, konnten aber keine Männer fangen; sie entwischten alle, weil sie ausgezeichnete Kletterer waren und sich mit Felsbrocken zur Wehr setzten; Weiber aber fingen wir drei ein; sie bissen und kratzten und wollten denen, die sie führten, nicht folgen. Daher töteten wir sie, zogen ihnen die Haut ab und brachten die Bälge nach Karthago mit.“

So beschrieb Hanno ein karthagischer Seefahrer um 470 v.Chr. sein Zusammentreffen mit Wesen, die die Dolmetscher Gorillai nannten. Dokumentiert ist diese Reise im „periplus“ einem Reisebericht über eine Entdeckungsreise von Karthago bis in den Golf von Guinea.

Im Jahr 1847 wurden die Tiere zum erstmals wissenschaftlich anhand von Schädel- und Knochenfunden durch T.S. Savage und J. Wyman beschrieben. Es handelte sich dabei um Westliche Flachland Gorillas. In Anlehnung an Hannos Reisebericht erhielten sie den Gattungsnamen Gorilla. In den folgenden Jahren wurden weitere Tiere untersucht und in die Systematik eingeordnet.

Der frz. Afrikaforscher Paul Belloni Du Chaillu war wohl der erste Weiße, der 1855 in Gabun auf lebende Gorillas stieß. Seine und folgende Berichte beschrieben den Gorilla als gefährliches Monster und wurden so Inspiration und Vorlage für Filme wie King Kong. Dass dem nicht so war, wurde erst durch die Studien von Jill Donisthorpe, Schaller und Fossey mehr als 100 Jahre später bekannt. Sie zeichneten das Bild eines sozialen und friedlichen Tieres, des sanften Riesens.

Auf einer Expedition im Jahr 1902, schoss der deutsche Hauptmann Friedrich R. von Beringe im Gebiet der Virunga Vulkane in Ruanda zwei Tiere, die der deutsche Zoologe Paul Matschke untersuchte, als Unterart „Berggorilla“ neu einordnete und ihnen den wissenschaftlichen Namen (zu Ehren ihres Entdeckers) Gorilla beringei beringei nannte. Aus heutiger Sicht eine zweifelhafte Ehre, aber zu dieser Zeit war das Motto: erst schießen dann untersuchen.

Zwei junge Frauen, die Schottin Rosalie Osborn und Jill Donisthorpe eine Südafrikanische Journalistin, reisten 1954 in die Virunga Berge, um für 9 Monate das Leben der Gorillas zu studieren und schlussendlich mit dem Mythos des gefährlichen Monsters aufzuräumen.

Die ersten Langzeit-Feldstudien wurden von George Schaller ab 1959 durchgeführt. Schaller ist amerikanischer Zoologe und Naturforscher. Er studierte die Berggorillas im Gebiet der Virunga Vulkane im Kongo (heute Demokratische Republik Kongo). Seine Beobachtungen und Erkenntnisse waren die ersten, die die Wissenschaft über freilebende Gorillas erhielt. Sie waren auch die Basis auf der Dian Fossey ihre Langzeitstudien aufbauen konnte.

Dian Fossey begann ihre Studien 1969 zunächst in Kabara/Kongo und wechselte von dort nach ihrer Ausweisung in das benachbarte Gebiet der ruandischen Virunga-Vulkane. Sie gründete dort das Forschungs-Camp Karisoke in dem sie bis zu ihrer Ermordung 1985 lebte und forschte.

Das Verbreitungsgebiet der Gorillas gab den Wissenschaftlern lange Zeit einige Rätsel auf. Im Westen Afrikas umfasst es Gabun (mit der höchsten Anzahl an Tieren), Teile von Kamerun (Süden), Kongo und evtl. die angolanische Enklave Cabinda. Hier lebt die Unterart Westlicher Flachlandgorilla. Die Heimat der Östlichen Flachlandgorillas umfasst Teile der DR Kongo und Uganda und die der Berggorillas liegt im Grenzgebiet zwischen Uganda, Ruanda und der DR Kongo in den Virunga-Vulkanen. Das bedeutet, dass zwischen den östlichen und westlichen Populationen etwa 1000 km liegen, in denen es keine Gorillas gibt. Colin P. Groves** vermutete, dass das Verbreitungsgebiet ursprünglich entlang des nördlichen Kongobeckens reichte. Aber nach Ende der Kaltzeit (im Pleistozän) erwärmte sich die Erde mit Beginn des Holozäns vor etwa 11700 Jahren. Das hatte zur Folge, dass in Afrika zwischen den Gebirgen in Osten und Westen ausgedehnte Savannen entstanden. Mit dieser Klimaänderung starben die dort lebenden Gorillas aus, da Savannen für sie als Lebensraum ungeeignet sind. So entwickelten sich die Unterarten getrennt voneinander.

Heute gehören die Berggorillas zu der am besten erforschten Unterart. Geschuldet dürfte dies der Vorarbeit von Schaller und Fossey sein, die die Gruppen an menschliche Anwesenheit gewöhnen konnten und natürlich den Gorillas, die dies akzeptierten. Im Gegensatz zu ihren westlichen Verwandten. die Menschen gegenüber äußerst misstrauisch waren.

Der erste nach Deutschland (Berlin) verbrachte Gorilla war im März 1928 der 2-jährige „Bobby“. Er wog bei seiner Ankunft 15 kg. Durch falsche Ernährung und ein Mangel an Beschäftigung wog er an seinem Todestag am 01. Aug. 1935 unglaubliche 262 kg (normal wären ca. 180 kg gewesen). Durch die falsche Haltung der Tiere gab es natürlich auch keine Nachzuchterfolge. Zudem wurden in den späteren Jahren die Forschungsergebnisse von Dian Fossey beharrlich ignoriert. Erst der Basler Zoologe Jörg Hess, der Dian Fossey auf deren Einladung besuchte, leitete die Wende zu einer modernen Gorillahaltung in Europa ein.

**Colin P. Groves – war ein brit.-australischer Wissenschaftler, u.a. Anthropologe und Primatologe. Seine Doktorarbeit setzte den Standard für die Gorilla-Systematik.

Für uns Besserwisser:
Republik Kongo (seit 1991), Hauptstadt Brazzaville, ehemals frz. Kolonie, grenzt im Osten an den atlantischen Ozean.
Demokratische Republik Kongo (seit 1997) Hauptstadt Kinshasa, ehemals belg. Kolonie. Wird als „gescheiterter“ Staat bezeichnet. Grenzt im Norden an die Zentralafrikanische Republik, im Osten an Uganda, Ruanda und die Republik Kongo im Westen.
Cabinda ist eine Enklave von Angola und liegt eigentlich auf dem Gebiet der DR Kongo. Es wird durch einen schmalen Streifen vom Mutterland getrennt. 80% des angolanischen Finanzhaushalt wird durch die Erdölförderung in Cabinda erlöst. Außerdem Kakao, Kaffee und neu: Gold.

Bilder der oberen Galerie alle Wilhelma Stuttgart 01/24 Bilder der unteren Galerie alle Zoo Duisburg 10/21

https://www.berggorilla.org/ und https://www.gorillas-abisz.de/