Zoo Frankfurt

Leitspruch: Tiere erleben – Natur bewahren

  • Geschichte

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts war die damalige Bockenheimer Chaussee (heute Bockenheimer Landstraße) eine wichtige Verkehrsader. Damals allerdings noch am Stadtrand gelegen. Während der südliche Teil schon dicht bebaut war, breiteten sich nördlich der Straße ausgedehnte Gartengrundstücke mit verstreut liegenden Villen und Palais aus. Dahinter begann das Umland. Eines der größten Grundstücke war der Leer’sche Garten. Das 15 Morgen (3,75 ha) große Areal war im Besitz des Städelschen Instituts, das eigentlich eine Kunstgalerie dort eröffnen wollte. Die Pläne konnten nicht verwirklicht werden und so lag der Garten brach.

Eine Gruppe Frankfurter Honorationen tat sich zusammen, um in Frankfurt einen Zoo zu gründen. Der Leer’sche Garten konnte für insgesamt 15 Jahre gepachtet werden. Die Initiatoren gründeten im März 1858 eine Aktiengesellschaft, die den Zoo betreiben sollte – die Frankfurter Zoologische Gesellschaft. Ihr Credo lautete: „Die Bürger sollen die Erholung in der freien Natur mit dem Studium derselben verbinden.“ Bereits am 08. August 1858 konnte der Zoo unter Auflagen der Stadt (keine fleischfressenden Raubtiere) eröffnet werden. (Das Gelände grenzte damals an die Unterlindau, wo sich auch ein Eingang befand. In unmittelbarer Nähe lag das Palais mit Garten der Bankiersfamilie Rothschild, von dem nur der heutige Rothschild-Park übriggeblieben ist.)

Der überlieferte Tierbestand Ende des Jahres war 589 Tiere in 151 Arten. Zwei Jahre nach der Eröffnung zogen dann allerdings auch Leoparden, Löwen und Wölfe ein. Der Zoo wurde zum Besuchermagnet und aus dem Jahr 1863 sind 100.000 Besucher (ohne Dauerkarten) überliefert. Bei einer Einwohnerzahl von gerade mal 80.000 war das ein respektables Ergebnis. Da es absehbar war, dass der Zoo bald aus allen Nähten platzen und die Pacht auslaufen würde, suchte man mit Hochdruck an einem alternativen Standort.

Dieser wurde schließlich in der sogenannten Pfingstweide im Osten Frankfurts gefunden. Im März 1874 begann der Umzug mit 1200 Tieren quer durch die Stadt. Die offizielle Eröffnung fand am 29. März statt und am 09. April zog als letztes Tier ein Yak an den heutigen Standort im Ostend ein. Das im Dezember 1876 fertiggestellte Gesellschaftshaus ist bis heute eines der markantesten Gebäude Frankfurts.

Dem Zeitgeist entsprechend, der nach exotischen Tieren und fremden Völkern verlangte, vergrößerte sich die Tierschau stetig und sogenannte Völkerschauen ergänzten das Angebot. Ein erster großer Einschnitt war der Beginn des ersten Weltkrieges 1914. Da Futter für die Tiere knapp wurde, verhungerten fast zwei Drittel oder starben an Infektionskrankheiten. Mit dem Verlust von Einnahmen und Spenden ging die Zoogesellschaft als Trägerin des Zoos 1915 bankrott und die Stadt Frankfurt übernahm die Verwaltung. Ab dem Jahr 1920 ging es mit dem Zoo wieder steil aufwärts. Der erste Gorilla kommt per Zeppelin in Friedrichshafen an und wird nach Frankfurt gebracht. Die Besucherzahl steigt in diesen Jahren auf unglaubliche 3 Mio. pro Jahr. Die Entwicklung wird durch den Beginn des 2. Weltkrieges jäh beendet. Tierpfleger werden zum Kriegsdienst eingezogen. Es herrscht wieder Futtermangel, Spender und Unterstützer ziehen sich zurück. Am 18. März 1944 treffen 27 Fliegerbomben das Gelände und zerstören Gebäude und Anlagen. Viele Tiere u.a. Löwen irren durch die Stadt und müssen, um die Bevölkerung nicht zu gefährden, erschossen werden.

Im Frühjahr 1945 kommt der junge Tierarzt Dr. Bernhard Grzimek nach Frankfurt als persönlicher Referent des amtierenden Bürgermeisters W. Hollbach und wird am 01. Mai neuer Zoodirektor. Einer alten Planung zufolge sollte der Zoo an den Stadtrand verlegt werden. Grzimek widersetzt sich diesen Plänen. Er schaffte es in kürzester Zeit Geld zu sammeln und damit den Wiederaufbau in Gang zu bekommen. Bereits am 01. Juli wurde die Wiedereröffnung gefeiert. Da die Anzahl der Tiere bis dahin kriegsbedingt überschaubar war, sorgten Schausteller, ein Zirkus, Theatervorführungen und ein Kino dafür, dass die Frankfurter in den Zoo strömten. Um weitere Gelder zu sammeln und diese zu verwalten, wurde im Februar 1950 die „Gesellschaft der Freunde und Förderer des Zoologischen Gartens e.V.“ gegründet. Und genau 100 Jahre nachdem die erste Zoologische Gesellschaft Frankfurt gegründet worden war, wurde die Gesellschaft der Förderer 1958 in die neue Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF) überführt. Über deren heutige Aufgaben erfahrt Ihr mehr im Kapitel Artenschutz.

Das war sehr viel Geschichte, aber Frankfurt war nach Berlin die zweite deutsche Stadt, die einen Zoo gründete. Also Ehre wem Ehre gebührt.

  • Wichtige Personen

Der Name Grzimek ist in Frankfurt allgegenwärtig, wenn es um den Zoo geht. Aber andere haben auch wichtige und gute Arbeit geleistet. So zum Beispiel Grzimeks langjähriger Stellvertreter der Zoologe Richard Faust, der 1974 zum Direktor berufen wurde und nach dem Tod Grzimeks 1987 auch das Präsidentenamt der ZGF übernahm.

Christian R. Schmidt, Schweizer Zoologe und Verhaltensforscher war Mitbegründer des Europäischen Erhaltungszucht Programms (EEP) und von 1994 bis 2008 Direktor.

Manfred Niekisch ist Biologe und ein Experte für Naturschutz. Als solcher ist er Kooperationsprofessor für Internationalen Naturschutz am Institut für Ökologie, Evolution und Diversität an der Johann Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt. Direktor des Zoos war er von 2008 bis zu seiner Pensionierung 2017.

  • Schwerpunkte – Tiere

Ende 2022 wurde ein Tierbestand von 5326 Individuen in 467 Arten gezählt. Säugetiere waren dabei mit 1733 Einzeltieren in 91 Arten, Vögel mit 354 Individuen in 69 Arten vertreten. Das artenreichste Revier ist natürlich das Exotarium. Hier leben Reptilien, Amphibien, Fische und Wirbellose. Ansonsten lässt sich eigentlich kein Schwerpunkt bei bestimmten Tierarten ausmachen. Da der Zoo nicht erweiterbar ist, wurde die Anzahl der Arten und Individuen über die Jahre kontinuierlich reduziert. Hervorheben muss man auf jeden Fall das Menschenaffenhaus, das Grzimek-Haus für nachtaktive Tiere, das weltweit zu den größten Einrichtungen dieser Art gehört und das bereits erwähnte zweistöckige Exotarium.

  • Artenschutz und Zucht

Dem Leitspruch des Zoos folgend „Tiere erleben – Natur bewahren“, engagiert sich der Zoo für verschiedene Zuchtprogramme und Artenschutzprojekte. Die Zuchtbücher für Gorilla, Rostkatze (ISB), für Nashornleguan (ESB) und Schlanklori, Socorrotaube, Gelbrückenducker (Ex-situ Projekte EEP) werden hier koordiniert.

Spenden und Naturschutz-Euro (€ 1,00 als freiwilliger Teil des Eintrittspreises) fließen in diverse Artenschutzprojekte des Zoos. Z.B. die „Bienenbotschaft“ in Hessen, Komodo Survival Program (Wael Wuul Nature Reserve), Goldgelbes Löwenäffchen (Lion Tamarins of Brazil Fund), Grévy-Zebra (Marwell Wildlife – Grevy’s Zebra Trust) oder Okapi (Okapi Conservation Project).

  • ZGF

Auch hier will ich kurz in die Geschichte zurückgehen. Wie bereits geschrieben, war 1958 das Gründungsjahr der neuen Zoologischen Gesellschaft Frankfurt. Zu dieser Zeit verwaltete die Fördergesellschaft Spenden und Zuwendungen an den Zoo. Prof. Grzimek reiste ab Anfang der 50er Jahre nach Afrika. Eigentlich um den Tierbestand des Zoos zu erweitern. Bei seinen Reisen festigte sich allerdings die Erkenntnis, dass das Ausstellen von Tieren nicht die Priorität eines Zoologischen Gartens sein sollte, sondern die Erhaltung der Artenvielfalt und der Schutz des natürlichen Lebensraums. Das führte mit den Jahren zu einer Neuausrichtung der ZGF. Nach dem Tod von Michael Grzimek wurde zunächst ein Gedächtnis-Fond eingerichtet. Mit seinen vielfältigen Aktivitäten u.a. der Sendung „Ein Platz für Tiere“ legte sein Vater den Grundstock dieser Stiftung. Diese wurde dann 2001 von Richard Faust in die Stiftung „Hilfe für die bedrohte Tierwelt“ überführt. Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt von 1858 e.V. (ZGF) verwaltet diese Mittel und ist als Naturschutzorganisation heute für 30 Projekte in 18 Länder verantwortlich, wobei der Fokus auf Ostafrika gerichtet ist.

  • Bildung

Der Zoo hat folgende Bildungsziele definiert:

    Interesse für die Bedürfnisse von Tieren zu wecken.
    Der Vermenschlichung von Tieren bewusst zu begegnen.
    Uns Menschen als Teil der Natur zu begreifen.

Diese werden bei Führungen und Workshops an Besucher jeden Alters vermittelt. Besonders interessant finde ich den Zoo-Jugendclub:

„Die Jugendclub-Kinder werden für ein (Schul-)Jahr in die faszinierende Welt der Tiere eintauchen. Als selbständige Forscherinnen und Forscher können sie bei den Expeditionen in den Zoo eigenen Fragen zu den Tieren nachgehen und deren Geheimnisse aufdecken. Auch wie ein moderner Zoo funktioniert und welche Aufgaben er hat, werden wir uns genau ansehen. Zudem werden wir uns mit größeren Zusammenhängen beschäftigen, zum Beispiel, warum viele Tierarten bedroht sind und wie die Zoos bei ihrem Erhalt helfen können. Wir überlegen gemeinsam, was jeder Einzelne von uns tun kann, damit nicht noch mehr Arten auf unserer Erde ausgerottet werden.“

Homepage Zoo Frankfurt

Eine weitere innovative Idee sind die Podcasts zu Themen rund um den Naturschutz „Hinter dem Zoo geht’s weiter“.

  • Zukunft

2019 wurde eine Konzeptstudie Zookunft 2030+ über die Zukunft des Zoos erarbeitet. Mit einigen Projekten hat man bereits begonnen: Umbau des Löwengeheges, die Mangrovenanlage im Exotarium und die Renovierung des Grzimek-Hauses die demnächst beginnt. Dazu sagt die zuständige Dezernentin der Stadt Frankfurt:

Bei der nun vorgelegten Konzeptstudie ZOOKUNFT2030+ geht es nicht nur darum, einzelne Gehege neu zu bauen oder die Besucherwege neu zu gestalten, es geht um viel mehr: eine ganzheitliche Vorstellung davon, was ein moderner Zoo leisten kann, warum er für uns alle in unserer bedrohten Welt so wichtig ist und wie die elf Hektar inmitten des Frankfurter Ostends optimal genutzt werden können.“

Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig

Man kann nur hoffen, dass die Pläne zeitnah umgesetzt werden können und, dass das „+“ hinter der 2030 nicht bedeutet, dass die Ziele erst in einer unbestimmten Zukunft erreicht werden. Möge die Übung gelingen.*

*Nachtrag: Kaum habe ich meinen Beitrag veröffentlicht, erscheint ein Artikel in der FR zum Thema mit folgender Überschrift: „Ein Berliner Architekturbüro arbeitet am Masterplan für den Tierpark – 2024 soll er vorliegen und vieles im Zoo von Grund auf verändern.“ (Frankfurter Rundschau vom 11.05.2023)

  • Mein Fazit und etwas Persönliches

Bei meinen Recherchen zu diesem Beitrag habe ich mir natürlich auch die unvermeidlichen Kommentare von Besuchern des Zoos angesehen. Überraschenderweise gab es auf einer Plattform fast ausschließlich positive, auf einer anderen teilweise vernichtende Kommentare. Als ich dann am Ende eines heißen Sommers mit Familie und Freunden den Zoo besuchte, das Gleiche. Ich war schockiert. „Einige uralte Tierhäuser, keine Tiere in den Freianlagen, alles trocken und ungepflegt.“ Wie wir uns doch von unserem ersten Eindruck beeinflussen lassen.

Die Ansprüche die Zoos heute erfüllen müssen sind gewaltig. Tiere in vielfältigen Arten zeigen. Moderne Gehege und Freianlagen bauen. Den Arten- und Naturschutz in den Vordergrund rücken und die Vermittlung vielfältiger Informationen an Besucher jeden Alters. Dabei kommt es zu einem Spagat zwischen der Präsentation von Publikumslieblingen wie Giraffe, Erdmännchen und Co. und weniger spektakulären aber gefährdeten oder in Freiheit ausgerotteten Arten. Zusätzlich hat Frankfurt auch ein Platzproblem.

Ich war in den 60er Jahren das erste Mal in Frankfurt und auch im Zoo, damals noch mit Eisbären, Elefanten und Leoparden. Danach habe ich die Schulferien fast immer in Frankfurt verbracht und bin 1972 dorthin umgezogen. Tante und Onkel bei denen ich wohnte, hatten immer viele Gäste und ich hatte die Aufgabe, ihnen Frankfurt zu zeigen. Zoo und Palmengarten hatten (meine) oberste Priorität. Die Kontaktaufnahme über meinen Onkel mit Prof. Grzimek festigte in mir den Wunsch einen Beruf zu ergreifen „der mit Tieren zu tun hat“. Daraus wurde jedoch nichts und ich habe einen Beruf ergriffen „der viel mit Menschen zu tun hatte.“ Das Leben ist manchmal seltsam. Tiere und Zoos traten einige Jahre in den Hintergrund, mein Beruf nahm mich in Anspruch, ebenso wie meine kleine Familie. Heute bin ich zurück zu Tieren und in Zoos. Und obwohl mich meine Frau manchmal mit einem Blick ansieht, der zu sagen scheint: „er ist verrückt“ sieht sie sich doch geduldig meine Bilderausbeute an und korrigiert meine Beiträge.

Ich werde also weiter durch Zoos spazieren mit einem kritischen Blick und hoffentlich brauchbaren Bildern. Und der Frankfurter Zoo – wird immer meine alte Liebe bleiben.

Und vielleicht tauchen diese weniger spektakulären Tiere demnächst im Blog auf: