Grévy-Zebra

Beim Anblick eines Zebras könnte man meinen, Zebra sei Zebra. Aber weit gefehlt. Das Problem ist, dass man im Zoo (und meist auch in freier Wildbahn) nur eine der zahlreichen Unterarten vor sich sieht, die Ähnlichkeit ist groß, die Unterschiede hat man da natürlich nicht vor Augen. Zumindest geht es uns Laien wohl so.

Zebras gehören in eine Untergattung der Gattung Pferde und werden in drei Arten eingeteilt:

Bergzebra mit den Unterarten Hartmann-Bergzebra und Kap-Bergzebra

Grévy-Zebra ohne Unterarten

Steppenzebra mit den Unterarten, Burchell-Zebra (†) gleich mit Zulu- und Damara-Zebra, Chapman-Zebra, Crawshay-Zebra, Böhm- oder Grant-Zebra sowie das Quagga (†), das leider schon ausgestorben ist.

Grévy-Zebras fallen in vielerlei Hinsicht aus dem Rahmen und deshalb möchte ich diesen Beitrag ausschließlich ihnen widmen.

Zum Äußeren: Grévys (ich spare mir jetzt mal den Rest) sind die größten der wildlebenden Pferdeartigen. Ihre Widerristhöhe beträgt bis zu 1,60m bei einem Gewicht bis 450 kg. Die Unterschiede zu anderen Zebras sind: ein schwarzer Rücken- bzw. Aalstrich, ein weißer Bauch, der Bereich um das Maul ist braun, große tütenförmige Ohren und eine enge Streifung. Während das Grévy etwas 80 Streifen aufweist, haben Bergzebras 45 und Steppenzebras ungefähr nur 30. Da stellt sich natürlich sofort die Frage – wie ist die Grundfarbe von Zebras? – Im Mutterleib sind die Föten zunächst schwarz, die weißen Fellstreifen bilden sich erst kurz vor der Geburt. Wie bei allen Säugetierhaarfarben wird dies durch Melanin produzierende Zellen bestimmt, die Melanozyten. Diese Pigmentzellen befinden sich im Haarfollikel und sorgen dafür, dass die Streifung entsteht. Auf die Frage warum Zebras überhaupt gestreift sind, gibt es mehrere Antworten. Aber die neuesten Untersuchungen haben gezeigt, dass die Facettenaugen der Insekten (Bremsen) durch die Streifen so verwirrt werden, dass sie keinen Landeplatz ausmachen können. Das Gleiche gilt für Tsetsefliegen, die zusätzlich den Hautgeruch von Zebras nicht mögen. Das ist ein sehr schlauer Abwehrmechanismus, da alle Pferdeartige durch die von diesen Insekten übertragene Nagana-Seuche (ähnlich der Schlafkrankheit) sehr gefährdet sind.

Und da drängt sich eine weitere Frage auf. Zebras sind eine wichtige Nahrungsquelle für Raubtiere wie Löwen, Leoparden und Hyänen. Das bedeutet, einerseits werden die Tiere durch ihre Streifen vor Krankheit und Tod geschützt, andererseits von Raubtieren in großer Zahl getötet.

Spinnt also die Natur? Hat die Evolution versagt? Steckt ein Plan dahinter? Ja es gibt diesen Plan: Schutz einerseits und Begrenzung andererseits sorgen für eine ausgewogene Anzahl von Individuen, den Fortbestand der Art, und Sicherung der Überlebenschancen für weitere Spezies. So wird das ökologische System im Gleichgewicht gehalten und nicht durch Überweidung oder Verschwendung von Wasserressourcen gefährdet. Wir Menschen heißen solch einen Plan gut… solange es Tiere und Pflanzen, aber nicht uns betrifft. Wir möchten doch alle ein hohes Alter erreichen und viele Kinder haben. Die hochentwickelte Medizin hilft uns dabei. Im globalen Süden macht man sich zwar wahrscheinlich weniger Gedanken um das zu erreichende Alter, aber bei einem Geburtenniveau beispielsweise in Afrika von durchschnittlich 4,6 Kindern pro Frau und Bevölkerungszahlen von 1,4 Mrd. in Indien und China, ist das ökologische Gleichgewicht weltweit schon lange gefährdet. Und das nicht nur in Afrika und Asien, denn wir in den sogenannten Industrieländern verbrauchen ungeheure Ressourcen. Spätestens 2080 wird unsere Erde von 10,4 Milliarden menschlichen Bewohnern bevölkert. Eine Katastrophe. Nicht nur die Grévy-Zebras werden bis dahin von der Erde verschwunden sein. *

Doch nun zurück zu den Grévys. Obwohl Schriftsteller die Hippotigris (Tigerpferde) bereits in der griechisch-römischen Antike erwähnten und auf Bildern aus späterer Zeit Grévy-Zebras zu erkennen sind, wurden die Tiere erst 1882 genauer beschrieben und wissenschaftlich eingeordnet. Menelik II seinerzeit König von Shewa und später Negus (König der Könige) von Abessinien (heute Äthiopien) schickte ein Zebra an den französischen Staatspräsidenten Jules Grévy als Geschenk. Der Zoologe Emile Oustalet erkannte die Besonderheiten dieses Tieres, beschrieb es, ordnete es als eigene Art ein und gab ihm den Namen Grévy-Zebra.

Grévys unterscheiden sich nicht nur äußerlich von Steppen- und Bergzebras. In Grzimeks Tierleben werden sie als eine „urtümliche Form mit abweichendem Verhalten“ beschrieben. Im Gegensatz zu ihren Verwandten bilden sie keine festen Herden. Wissenschaftliche Untersuchungen die 2006 veröffentlicht wurden haben gezeigt, dass sich zwar feste Cliquen von Stuten, Jungtieren und Junggesellen bilden, diese Verbände sich jedoch jederzeit wieder trennen können. Begründet wird dies mit dem ökologischen Druck dem die Verbände ausgesetzt sind (Nahrungsangebot, Raubtiere). Wobei es erwiesen ist, dass Stuten sich bevorzugt in Cliquen zusammenfinden in der die weiblichen Tiere den gleichen Fortpflanzungsstatus (z.B. unbefruchtet, trächtig) haben.  Sie durchwandern große Gebiete auf der Suche nach Nahrung und Wasser und wählen Territorien von denjenigen dominanten Hengsten, die das beste Nahrungsangebot bieten. Während es in umherwandernden Verbänden keine Dominanzhierarchie gibt, beherrschen dominante Hengste territorial ein Revier, das zwischen 2 und 12 qkm groß sein kann. Normalerweise leben sie in diesen Territorien während der Regenzeit bzw. solange ausreichend Wasser vorhanden ist. Sie tolerieren jedoch die in ihr Revier einwandernden Junggesellen und schließen sich diesen oft für kurze Zeit an, solange keine brünstigen Stuten in ihrem Revier sind. Denn dann verteidigen dominante Hengste „ihre“ Stuten vehement. Auch zu den Mitgliedern der eigenen Truppe sind die Hengste sehr häufig äußerst rabiat. Durch ihr Verhalten ähneln Grévys tatsächlich eher Wildeseln oder den bereits beschriebenen Onagern und Kulanen als Pferden oder den beiden anderen Zebra Unterarten. Das wird auch bei ihren Lautäußerungen deutlich. Alarmrufe klingen wie lautes Brummen, wenn sie Angst oder Schmerzen haben, oder kämpfen pfeifen bzw. quicken sie. Ein Schnauben ist meistens eine Warnung und um ihre Dominanz zu zeigen, iahen sie (wie ein Esel), bei der Paarung ist eine Art Bellen zu hören.

Zebrastuten bringen ihre Jungen nach 390-410 Tagen zur Welt. Für die Geburt entfernen Sie sich von der Gruppe und kehren erst nach etwa 2 Tagen zurück.  Die Mütter verhalten sich zu den anderen Stuten in dieser Zeit sehr aggressiv. Das kann man mit dem Verhalten der Fohlen erklären. Diese folgen sobald sie auf den Beinen sind, allem was sich bewegt und größer ist als sie selbst. Sie müssen daher zuerst auf die Mutter geprägt werden. Das geschieht über die individuelle Fellzeichnung an den Beinen bzw. Steiß. Nach einer Woche wissen die Fohlen wer ihre Mutter ist und folgen ausschließlich ihr. 

Vom eigenwilligen Verhalten der Grévys (Hengst oder Stute ist dabei egal) können Tierpflegerinnen und -pfleger ein Lied singen. Regina Bakely beschreibt in einem Artikel** wie Sie den Grévy-Hengst Moyo dazu gebracht hat auf ein Target zu reagieren und wie Sie es geschafft hat, sein Vertrauen zu gewinnen. Und trotz aller Verbundenheit mit dem Tier, konnte sie sein Gehege nicht betreten.

In ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet leben Grévys heute nur noch in Äthiopien (ca. 130) und in Kenia (ca. 2400). Die Bestände leiden unter dem Nahrungswettbewerb und der Konkurrenz um Wasserquellen in einem Lebensraum der eher trocken ist und wo Regen oft lange Zeit ausbleibt. Und es sind weniger andere Wildtiere als vielmehr Nutztierherden in großer Zahl, die ihr Überleben bedrohen. Die Bestände gelten nicht als gesichert. Umso wichtiger ist die Aufgabe der Zoos und Nationalparks die Art zu erhalten. Grévy-Zebras sind ein wundervolles Geschenk der Natur. Etwas wird der Natur allerdings nicht bewusst gewesen sein, als sie die Tiere mit Streifen versah, dass nämlich Designer, Künstler und Fotografen das Muster von Zebrastreifen verwenden, um unsere Welt etwas schöner zu machen. Und Grévys gehören für mich überhaupt zu den Schönsten.

*Das ist mein Standpunkt – wenn ihr gleicher oder anderer Meinung seid, dann hinterlasst doch einen Kommentar. Wie sind eure Gedanken zu diesem Thema.

** im Web zu finden: nationalzoo.si.edu/animals/news/how-do-you-train-zebra

Für uns Besserwisser:

Zebrastreifen ist nur der umgangssprachliche Begriff für einen Fußgängerüberweg. Dessen Ursprung findet man in der deutschen Geschichte in den 1950ern in München. Damals wurde er von den Beamten als „Dickstrichkette“ bezeichnet. Diese wurde in die StVO. aufgenommen, weil die Anzahl an Autos stark anstieg und somit eine größere Gefahr für Fußgänger entstand, die es einzudämmen galt.

Erst durch eine Aktion in Hamburg am 24. April 1954 bekam der Fußgängerüberweg den Namen „Zebrastreifen“. Damals hatte die Polizei zusammen mit einer Zeitung die Aktion „Zebra“ ins Leben gerufen, damit die Autofahrer an einem Zebrastreifen auch wirklich anhalten. Wer am Zebrastreifen angehalten hat, der bekam eine Plakette, auf der ein Zebra abgebildet war. Die Abkürzung „Zebra“ stand für „Zeichen eines besonders rücksichtsvollen Autofahrers“. Seitdem nannten bald alle Deutschen den Fußgängerüberweg „Zebrastreifen“.)

Und noch etwas zum Üben für den nächsten Zoobesuch: