Eisbären – Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust. Einerseits denke ich, wenn ich vor einem Gehege stehe, an die unendlichen Weiten der Arktis die eine Bärin mit ihrem Jungen durchstreift oder einen Bären, der auf einer riesigen Eisscholle sitzend auf das Auftauchen seiner Beute wartet; andererseits daran, welchen Hype die kleinen Eisbären Knut oder Flocke ausgelöst und dazu beigetragen haben, dass der Eisbär das Symbol des Klimawandels wurde. So haben uns in Gefangenschaft gehaltene Bären erst bewusst gemacht, wie wir den Lebensraum dieser herrlichen Tiere nach und nach vernichten.
Tierrechteorganisationen (im Folgenden TRO genannt) sehen naturgemäß den Wirbel um Eisbären in Zoos komplett anders und es gibt natürlich auch kritische Stimmen von Wissenschaftlern zu dieser Thematik. Ich werde daher ausnahmsweise weniger über die Tiere selbst schreiben. Viele Fakten sind Euch bestimmt aus zahllosen Dokumentationen (oder den Zoos) bereits bekannt. Im Folgenden möchte ich Pro und Kontra zur Eisbärenhaltung beleuchten. Jeder kann und sollte sich seine eigene Meinung bilden.
Eisbären sind in vielerlei Hinsicht komplizierte Tiere. Durch Evolution und Auslese haben sie sich perfekt an ein Klima, das eigentlich lebensfeindlich ist, angepasst. Sie sind strikte Einzelgänger und kommen nur zur Paarung zusammen (Ausnahmen bilden Mutterfamilien). Bärinnen sind nur etwa eine Woche in den Monaten März bis Juni fruchtbar. Sollte das Nahrungsangebot jedoch knapp sein, verhindert ein natürlicher Schutzvorgang, dass sich das befruchtete Ei in der Gebärmutter einnistet. Männliche Eisbären töten die Nachkommen ihrer Konkurrenten, wenn sie derer habhaft werden, damit die Bärin erneut paarungsbereit wird. Grundsätzlich sind Eisbären Allesfresser. Um aber ihre Fettreserven zu sichern, besteht ihre Hauptnahrung aus Ringelrobben oder Bart- und Sattelrobben. Deren Bestände sind jedoch stark gefährdet.
Eigentlich könnte sich also jeder Eisbär glücklich schätzen, wenn er in einem Zoo leben könnte oder?
Über in Freiheit lebende Eisbären ist uns Folgendes bekannt:
- Sie wandern große Strecken, folgen der Treibeisgrenze und haben meist kein festes Revier. Das Jagdrevier eines Eisbären hat etwa einen Radius von 150 km.
- Es leben geschätzt 22.000 – 25.000 Tiere in 19 Populationen in Alaska, Kanada, Russland, Grönland und Norwegen. Siehe Grafik
- Die Tiere erreichen ein Höchstalter von 15 – 18 Jahren.
- Die Winterruhe dauert 4 Monate.
- Es gibt eine hohe Sterblichkeit von 50% bei Jungtieren bis zum 5. Lebensjahr, die den äußeren Umständen geschuldet ist.
- Der Klimawandel wird als Bedrohung der Tierart gesehen.

Zu Punkt 1: Grundsätzlich ist diese Aussage korrekt, es gibt aber Populationen die durchaus standorttreu sind. Wie bereits bei den Amur-Tigern beschrieben, ist es unmöglich Tieren mit hohem Bewegungsdrang einen adäquaten Ersatzlebensraum zu schaffen. Das bedeutet, dass an Gehege und Haltung der Tiere sehr hohe Ansprüche gestellt werden müssen. Unvorstellbar ist heute, dass wie im Zoo Hannover 1938 14 Eisbären und ein Braunbär auf einer Anlage gehalten werden oder die Haltung dieser Tiere im Zirkus.
Zu Punkt 2: Die TRO PeTA legt in ihrer Recherche von 2010 eine Statistik vor, aus der sie ableitet, dass sich der Bestand von 5000 Individuen 1950 auf 25.000 im Jahr 2005 erhöht hat. Sie berufen sich außerdem auf eine Einschätzung der IUCN (führt die „Rote Liste“) nachdem 2009 die Bestände stabil oder im Steigen wären und folgert daraus:
„Von einem erheblichen Rückgang der Eisbären-Population kann also aufgrund der Zahlen nicht die Rede sein. Dennoch wird noch bis heute in den Medien von einem Problem geredet und immer weiter dramatisiert.“
PETA
Und weiter: Die internationale Naturschutzunion IUCN hat die Eisbären auf eine Liste von mehr als 16.000 gefährdeten Tierarten gesetzt und schätzt, dass ihre Zahl (heute 22.000-25.000 Tiere weltweit) in den kommenden 45 Jahren um ein Drittel zurückgehen wird.
„In 45 Jahren soll die Population also um ca. 8.300 Tiere zurückgehen. Wäre das aber in Anbetracht, dass es auf dem heutigen Lebensraum der Eisbären einst nur ca. 5.000 Tiere lebten wirklich dramatisch?“
PETA
Meine Meinung: Zum Glück sind Statistiken geduldig und jeder kann sie nach seinen Bedürfnissen auslegen und darin ist PeTA ganz groß. Wie 1950 ohne die heutigen technischen Hilfsmittel eine realistische Zählung zustande gekommen sein soll, müsste mir jemand erklären.
Zu Punkt 3: In Zoos erreichen Eisbären ein Alter von über 30 Jahren, bedingt durch wegfallende Risikofaktoren wie Wetter oder Nahrungsmangel oder Jagd. Die Eisbärin Katjuscha im Berliner Zoo erreicht bis Dez. 2021 ein Alter von 37 Jahren.
Zu Punkt 4: Wegen der regelmäßigen Futterversorgung ist eine Winterruhe nicht erforderlich. Ausnahmen sind trächtige Weibchen.
Zu Punkt 5: Diese auch von PeTA zitierte Statistik ist oberflächlich betrachtet korrekt, was sie nicht widerspiegelt ist die Todesrate der Babys die bereits in der Wurfhöhle sterben (z.B. auch bei Mehrlingsgeburten) und somit nicht registriert werden. Nichts destotrotz ist die Geburtenrate in Zoos nicht sonderlich hoch und die Sterberate junger Bären noch zu hoch. Auf dem Blog von Ulrike und Gerhard Joerres „Eisbären im Zoo“ (große Klasse, Adresse s.u.) findet man einen ausführlichen Beitrag und eine Statistik zu diesem Thema, was durchaus optimistisch stimmt.
Da in den letzten Jahren nahezu zwei Drittel der Würfe in den Zoos aufgezogen wurden, entspricht dies in etwa den Daten, die in Feldstudien in der Wildnis ermittelt wurden. Sobald die Jungtiere zusammen mit ihren Müttern die Wurfbox verlassen haben, ist ihre Lebenserwartung deutlich höher als in der Wildnis.
ullijseisbaeren
Zu Punkt 6: PeTA schreibt u.a. dazu in seiner Recherche:
Dass das Eis, auf dem Eisbären nach Robben jagen, schmilzt, ist wohl ebenso unstrittig. Doch ob gerade die Eisschmelze, also der Klimawandel, sich erheblich negativ auf die Eisbärenpopulation auswirkt, wird mittlerweile stark bezweifelt.
PETA
Begründet wird dies mit dem Fund eines 130.000 Jahren alten Eisbärenskeletts. Demnach haben die Eisbären eine folgende Warmzeit auf unserer Erde überstanden und sich angepasst und weiter:
Zitat: „Der Fund bestärkt jene Gruppen von Biologen, die daran zweifeln, dass Eisbären tatsächlich das Eis zum Leben brauchen. Diese Forscher sind überzeugt, dass die Tiere wie Braunbären auch an Land jagen können. „Das Überleben der Eisbären hängt nicht davon ab, wie viel Eis es über dem Nordpol gibt“, sagt der Münchner Evolutionsbiologe Josef H. Reichholf.
Meine Meinung: Alles schön und gut, in der Zwischenzweit ist aber Homo Sapiens auf der Welt. Zum Klimawechsel kommen nun Umweltzerstörung (Beispiel Tundra Brände), Industrialisierung und die Besiedlung bisher menschenleerer Gebiete (wohin die Bären eigentlich ausweichen sollten). Von der Jagd einiger schießwütiger Zeitgenossen rede ich jetzt mal nicht.
Die Quelle meiner PETA Zitate ist wie folgt: Eisbär–PETA–Recherche 2010
Blog von Ulrike und Gerhard Joerres: https://ullijseisbaeren.wordpress.com/
Bitte weiterlesen Eisbär II – im Zoo, hier ist auch die Bildergalerie hinterlegt