Onager + Kulan (Asiatischer Halbesel)

Ich muss zugeben, dass ich bei meinen ersten Zoobesuchen beiden Tierarten wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe. Ein Fehler, den auch Zoos begehen! * Es sind nicht nur sehr schöne, sondern auch sehr interessante Tiere und, da sie meistens in größeren Gruppen und weitläufigen Gehegen gehalten werden, lassen sie sich gut beobachten.

*Viele zoologische Einrichtungen geben die Onagerhaltung auf und zeigen „publikumswirksamere“ Tiere, so dass dringend neue Halter (z.B. Wildparks, Anmerkung HelmutK) gesucht werden.

In einem Beitrag aus der Fachzeitschrift WildTierZeit von Dr. Stephan Hering-Hagenbeck (Biologe und ehemaliger Zoodirektor in Hamburg) und Frau Dr. Adriane Prahl (Zootierärztin im Tierpark Hagenbeck)

Man unterscheidet in der Systematik 2 Arten asiatischer Wildesel. Einmal den Kiang (zu sehen in den Zoos von Berlin und München), der in den tibetanischen Hochebenen lebt, und die eigentlichen asiatischen Halbesel die in 4 Unterarten eingeteilt werden, wozu auch Onager und Kulan gehören.

  1. Mongolischer Kulan oder Dschiggetai in der Mongolei und Nordchina
  2. der Khur aus Indien
  3. der Turkmenische Kulan kommt außer in Turkmenistan auch in Kasachstan vor und
  4. der Onager der im Iran vorkommt

Die beiden letztgenannten werden in einigen deutschen Zoos und Wildparks gehalten. 2 Unterarten, der Anatolische- und Syrische Halbesel, sind durch Menschenhand bereits ausgerottet.

Esel – Wildesel – Halbesel was denn nun? Gemeinsam ist allen dreien, dass sie zur Familie der Pferde (lat. Equus) gehören. Während mit Esel jedoch die domestizierte Form der afrikanischen Wildesel gemeint ist, lautet die korrekte Bezeichnung für die oben genannten Arten Wildesel oder Asiatischer Halbesel. Halbesel deshalb, weil einige Merkmale auf eine enge Verwandtschaft mit den Pferden hindeuten. Beispielsweise der schlanke Körperbau, einen kleinen Kopf, breite Hufen oder kurze Ohren. Diese nahe Verwandtschaft zu den Pferden befähigt die Tiere zu außergewöhnlicher Schnelligkeit. Im flachen Gelände erreichen Halbesel eine Geschwindigkeit von 70 km und können diese gut 45 Minuten durchhalten.

Ein weiteres, typisches Merkmal ist ihr Verhältnis zum Menschen. Während sich die afrikanischen Vertreter problemlos domestizieren ließen, ist dies bei Onager und Kulanen nicht gelungen. Trotz der Nähe zu Pflegern oder Besuchern im Zoo bleiben die Tiere scheu und behalten ihren Fluchtinstinkt, können kaum berührt, geschweige denn am Halfter geführt oder gar geritten werden.

Diese Wesensart vergleicht der Propheten Hosea, der wütend über die Bündnispolitik der nordisraelischen Könige mit den Assyrern war, denen sie aus eigenem Antrieb Tribut angeboten hatten und somit ihre Freiheit aufgaben, wie folgt: Hos.8,7 „Denn sie säen Wind und werden Sturm ernten.“ (Ihr erinnert euch?) und weiter Hos. 8,9 „Denn sie sind nach Assur gelaufen – der Wildesel bleibt für sich –, und Ephraim buhlte mit Geschenken.“ Und ein weiteres biblisches Zitat findet sich in Hiob 39,5-8: „5 Wer hat dem Wildesel die Freiheit gegeben, wer hat ihm die Bande gelöst, 6 dem ich die Steppe zum Hause gegeben habe und die Salzwüste zur Wohnung? 7 Er verlacht das Lärmen der Stadt, die Schreie des Treibers hört er nicht. 8 Er durchstreift die Berge, wo seine Weide ist, und sucht, wo es grün ist.

Braucht es noch weitere Beweise, wie interessant und außergewöhnlich diese Tiere sind?

Werfen wir noch einen kurzen Blick in die Vergangenheit und die Haltung von Halbeseln in Zoos. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es Informationen, wonach die Ausrottung des Persischen Onagers kurz bevorstehen sollte. Daraufhin rüstete Carl Hagenbeck eine Expedition unter Leitung von Arnulf Johannes aus, die im Norden des Iran Onager suchen, fangen und nach Deutschland bringen sollte. Die 11 erwachsene Tiere und 9 Fohlen bildeten den Grundstock für fast alle in menschlicher Obhut gehaltenen Onager bis heute. ** Bis zum Jahr 1973 wurden jedoch noch 35 weitere Wildfänge nach Europa eingeführt.

Zoogestützte Artenschutzprojekte haben in der Zwischenzweit dazu geführt, dass sich der Bestand an Onagern und Kulanen in den Herkunftsländern stabilisiert hat. Hier sei auch auf die Arbeit der Zoologische Gesellschaft Frankfurt verweisen, die die Wiederansiedlung von Kulanen in Kasachstan unterstützt. Ein Link zum Podcast „Hinter dem Zoo gehts weiter“ findet ihr rechts in der Linkliste.

Für mich sind Onager oder Kulane nicht nur publikumswirksame Zootiere. Es sind Tiere die ihre Unabhängigkeit bewahren, sich nicht unterordnen und eine enge Verbindung untereinander pflegen und diese auch verteidigen. Das finde ich sehr sympathisch.

**Ich empfehle den Artikel des Hamburger Abendblattes „Für den Artenschutz – Hagenbecks Jagd nach Onagern“ über die Reise von Dr. Stephan Hering-Hagenbeck 2011 in den Iran. Die Überschrift klingt etwas reißerisch, es ist natürlich keine Jagd wie 1954 gemeint, sondern eine Bestandsaufnahme der damals schwindenden Restbestände.

Für uns Besserwisser: Das Wort Onager stammt aus dem Griechischen. Es setzt sich zusammen aus ónos „Esel“ und ágrios „wild“ und
Ein Maultier ist – eine Kreuzung aus Eselshengst und Pferdestute und ein Maulesel ist – die Kreuzung aus Pferdehengst und Eselsstute

Onager (Persischer Halbesel)

Vorkommen:Mittlerer Osten
Lebensraum:Halbwüste
Kopf-Rumpf-Länge:200 – 250 cm
Schwanzlänge:30 – 49 cm
Gewicht:200 – 260 kg
Gefährdungsstatus:EN (stark gefährdet)

Die folgenden Bilder der kämpfenden Onager entstanden 03/2023 im Zoo Augsburg

Kulan (Turkmenischer Halbesel)

Vorkommen:Zentralasien (Mongolei, Turkmenistan, Russland, Usbekistan)
Lebensraum:Halbwüste, Steppen
Kopf-Rumpf-Länge:240 cm
Schwanzlänge:50 cm
Gewicht:240 – 380 kg
Nahrung:Gras, Kräuter, junge Triebe
Gefährdungsstatus:EN (stark gefährdet)

Schneeleopard

Bhutan, Tibet, Pakistan, Afghanistan, Tadschikistan, Kirgisistan, Usbekistan, Kasachstan, Mongolei, das Altai- und Pamir Gebirge. Es sind Länder und Landschaften, die die wenigsten von uns je live erleben werden, die in unserer Vorstellung jedoch für Wildnis pur, Einsamkeit und unzerstörte Landschaft stehen. Die Schneeleoparden haben sich als Lebensraum die unwirklichen Hochgebirgsregionen in Zentralasien ausgesucht. Den Sommer verbringen sie in Höhen zwischen 3000 m und 5500 m, während sie im Winter ihren Beutetieren in tiefer gelegenen Gebiete folgen.

Trotz Abgeschiedenheit und rauem Klima: Wer einen solch wunderschönen und kostbaren Pelz trägt, ist natürlich hochgradig gefährdet. Das Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES) stellte die Tiere 1976 endlich unter Schutz, was den Handel mit Pelzen zwar einschränkte, aber nicht komplett unterband. Die Felle haben an Bedeutung verloren, aber die Knochen der Tiere erzielen hohe Preise und sind in der chinesischen „Medizin“ als Ersatz für Tigerknochen hochgeschätzt. Die Zahl freilebender Tiere wird von der IUCN mit 2700 bis 3400 (WWF 4200-6400) angegeben. Heute sind es nicht nur Wilderer die den Bestand gefährden. Die fortschreitende Zerstörung und Bewirtschaftung ihres Lebensraums, die starke Bejagung der Beutetiere durch Menschen sowie die Besiedlung auch abgelegener Gegenden lassen ihre Zukunft düster erscheinen.

Das seit 1985 bestehende Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) wird vom schwedischen Zoo „Nordens Ark“ koordiniert. Ende 2018 umfasste es 193 Tiere in 86 Einrichtungen. Die ersten Schneeleoparden kamen bereits 1851 in europäische Zoos. Die ersten Fotos eines freilebenden Schneeleoparden gelangen dem Biologen George B. Schaller in Nepal im Jahr 1973.

In der Taxonomie (Systematik der Tiere) werden Schneeleoparden der Ordnung Großkatzen (Panthera) zugeordnet. Hierzu gehören auch Löwen, Tiger, Leoparden und Jaguare. Molekulargenetische Untersuchungen haben die Zugehörigkeit auch bestätigt, allerdings gab es in der Vergangenheit unterschiedliche Auffassungen darüber, da einige Wissenschaftler der Meinung waren, die Tiere müssten den Kleinkatzen zugeordnet werden. Einiges im Verhalten spricht auch durchaus für diese These. Schneeleoparden brüllen nicht (wegen eines veränderten Kehlkopfes) und sie fressen nicht im Liegen wie Großkatzen, sondern nehmen eine kauernde Stellung ein. Im Übrigen werden Leoparden und Schneeleoparden als zwei verschiedene Arten mit jeweils 2 Unterarten (Schneeleopard) und 8 Unterarten (Leopard) gesehen.

Erstaunlicherweise gab es in meinem Lieblingsnachschlagwerk Grzimeks Tierleben keine ausführliche Beschreibung der Tiere, wie ich das von anderen Großkatzen gewohnt war. Dabei wurden sie bereits 1774 vom thüringischen Naturforscher von Schreber* beschrieben. Wie dem auch sei, für viele blieben sie wohl ein fast mystisches Wesen. Ihr langgezogenes Heulen interpretierte man als den des sagenumwobenen Yeti und in einigen Ländern bekamen sie den Beinamen „Geister der Berge“. Ihr dichtes geflecktes Fell tarnt sie perfekt in der Gebirgslandschaft. Das kommt den Anschleichjägern auch bei der Jagd zugute, denn sie müssen sich auf wenige Meter an ihre Beute heranpirschen. Ihr ungemein muskulöser Körperbau versetzt sie in die Lage auch Beutetiere zu erlegen, die gut drei Mal so schwer sind wie sie selbst. Leider führt dies oft zu Konflikten mit den örtlichen Bauern, da Schneeleoparden keinen Unterschied zwischen Wild- und Nutztier machen.

Schneeleoparden sind Einzelgänger wie fast alle Großkatzen. Sie kommen zur Paarung zusammen, die im Januar bis März stattfindet. 2-3 Jungtiere erblicken nach etwa 100 Tagen das Licht der Welt. Sie sind Nesthocker und werden erst mit 18-24 Monaten selbstständig.

Die Beobachtung der Tiere ist nach wie vor eine Herausforderung. Dieser haben sich der renommierte Naturfotograf Vincent Munier und der Schriftsteller Sylvain Tesson gestellt und so ist Mitten im tibetanischen Hochland ein wohl einzigartiger Film „Der Schneeleopard“** entstanden.

Als Besucher eines Zoos muss man sich zum Glück solchen Herausforderungen nicht stellen. Geduld ist aber angesagt. Die Gehege sind meistens in Anlehnung an den natürlichen Lebensraum an einem Hang angelegt und bieten den Tieren gute Versteckmöglichkeiten. Da sie eine ausgezeichnete Tarnung haben und gerne stundenlang ruhen, gleicht das Fotografieren oft einem Suchspiel.

Es bleibt uns die Hoffnung, dass die Schutzprojekte wie der Snow Leopard Trust (unterstützt vom Zoo Basel) oder die von der NABU ins Leben gerufene Anti-Wilderer-Einheit Gruppa Bars in Kirgistan (unterstützt z.B. von Zoo Zürich und der Wilhelma) Wirkung zeigen.

Für uns Besserwisser:

Der Schneeleopard wird auch Irbis genannt.

Für ein Fell wurden in Moskau schon mal bis zu 15000 US-Dollar bezahlt, ein ganzer Mantel -bestehend aus mindestens 5 Fellen- kann bis zu 60000 US-Dollar einbringen

*Johann Christian Daniel von Schreber in Band 3 seines vierbändigen, ab 1774 erschienenen Werks „Die Säugetiere in Abbildungen nach der Natur mit Beschreibungen“

** Original: The Velvet Queen, erschienen in Deutschland am 19. Februar 2022

Bild oben entstand im März 22 im Zoo Köln


Beim einem weiteren Besuch in der Stuttgarter Wilhelma im September 2022 gelangen mir die folgenden Aufnahmen. Ich gehe davon aus, dass es die am 11. April 2021 geborenen Dawa, Karma und Nyima sind.


Familienglück im Zoo Zürich im Oktober 2022

Eisbär I – in Freiheit

Eisbären – Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust. Einerseits denke ich, wenn ich vor einem Gehege stehe, an die unendlichen Weiten der Arktis die eine Bärin mit ihrem Jungen durchstreift oder einen Bären, der auf einer riesigen Eisscholle sitzend auf das Auftauchen seiner Beute wartet; andererseits daran, welchen Hype die kleinen Eisbären Knut oder Flocke ausgelöst und dazu beigetragen haben, dass der Eisbär das Symbol des Klimawandels wurde. So haben uns in Gefangenschaft gehaltene Bären erst bewusst gemacht, wie wir den Lebensraum dieser herrlichen Tiere nach und nach vernichten.

Tierrechteorganisationen (im Folgenden TRO genannt) sehen naturgemäß den Wirbel um Eisbären in Zoos komplett anders und es gibt natürlich auch kritische Stimmen von Wissenschaftlern zu dieser Thematik. Ich werde daher ausnahmsweise weniger über die Tiere selbst schreiben. Viele Fakten sind Euch bestimmt aus zahllosen Dokumentationen (oder den Zoos) bereits bekannt. Im Folgenden möchte ich Pro und Kontra zur Eisbärenhaltung beleuchten. Jeder kann und sollte sich seine eigene Meinung bilden.

Eisbären sind in vielerlei Hinsicht komplizierte Tiere. Durch Evolution und Auslese haben sie sich perfekt an ein Klima, das eigentlich lebensfeindlich ist, angepasst. Sie sind strikte Einzelgänger und kommen nur zur Paarung zusammen (Ausnahmen bilden Mutterfamilien). Bärinnen sind nur etwa eine Woche in den Monaten März bis Juni fruchtbar. Sollte das Nahrungsangebot jedoch knapp sein, verhindert ein natürlicher Schutzvorgang, dass sich das befruchtete Ei in der Gebärmutter einnistet. Männliche Eisbären töten die Nachkommen ihrer Konkurrenten, wenn sie derer habhaft werden, damit die Bärin erneut paarungsbereit wird. Grundsätzlich sind Eisbären Allesfresser. Um aber ihre Fettreserven zu sichern, besteht ihre Hauptnahrung aus Ringelrobben oder Bart- und Sattelrobben. Deren Bestände sind jedoch stark gefährdet.

Eigentlich könnte sich also jeder Eisbär glücklich schätzen, wenn er in einem Zoo leben könnte oder?

Über in Freiheit lebende Eisbären ist uns Folgendes bekannt:

  1. Sie wandern große Strecken, folgen der Treibeisgrenze und haben meist kein festes Revier. Das Jagdrevier eines Eisbären hat etwa einen Radius von 150 km.
  2. Es leben geschätzt 22.000 – 25.000 Tiere in 19 Populationen in Alaska, Kanada, Russland, Grönland und Norwegen. Siehe Grafik
  3. Die Tiere erreichen ein Höchstalter von 15 – 18 Jahren.
  4. Die Winterruhe dauert 4 Monate.
  5. Es gibt eine hohe Sterblichkeit von 50% bei Jungtieren bis zum 5. Lebensjahr, die den äußeren Umständen geschuldet ist.
  6. Der Klimawandel wird als Bedrohung der Tierart gesehen.

Zu Punkt 1: Grundsätzlich ist diese Aussage korrekt, es gibt aber Populationen die durchaus standorttreu sind. Wie bereits bei den Amur-Tigern beschrieben, ist es unmöglich Tieren mit hohem Bewegungsdrang einen adäquaten Ersatzlebensraum zu schaffen. Das bedeutet, dass an Gehege und Haltung der Tiere sehr hohe Ansprüche gestellt werden müssen. Unvorstellbar ist heute, dass wie im Zoo Hannover 1938 14 Eisbären und ein Braunbär auf einer Anlage gehalten werden oder die Haltung dieser Tiere im Zirkus.

Zu Punkt 2: Die TRO PeTA legt in ihrer Recherche von 2010 eine Statistik vor, aus der sie ableitet, dass sich der Bestand von 5000 Individuen 1950 auf 25.000 im Jahr 2005 erhöht hat. Sie berufen sich außerdem auf eine Einschätzung der IUCN (führt die „Rote Liste“) nachdem 2009 die Bestände stabil oder im Steigen wären und folgert daraus:

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Eisbären II – im Zoo

Wie wirkt sich die Gefangenschaft auf das Tierwohl aus bzw. welche Erkenntnisse gibt es über die Zoohaltung? Eisbären sind sehr anfällig für sogenannte Stereotypen und als Besucher im Zoo fallen diese Verhaltensweisen häufig auf. Prof. Georgia Mason* hat das Verhalten wie folgt definiert: Verhaltensweisen, die sich wiederholen, starr und unveränderlich sind und kein offensichtliches Ziel oder keine Funktion haben. Dazu gehören Hin- und Herwiegen (Weben) bei Pferden und Elefanten, das Auf- und Abspringen bei Bären, im Kreis oder Achter-Schlingen laufen, das Hin- und Herlaufen oder -schwimmen (bei Raubtieren). Damit verbunden sind häufig Kopfdrehungen an bestimmten Stellen.

Auslöser für solches Verhalten sind in den meisten Fällen Fehler bei der Haltung der Tiere, also das Fehlen von Versteckmöglichkeiten, Schlafplätzen oder natürlichem Boden, die Umsetzung in andere Gehege, Transport und falsche Gruppenstruktur. Stereotypen werden auch hervorgerufen, wenn durch feste Fütterungszeiten eine sogenannte Fütterungserwartung ausgelöst wird. Stress wird häufig durch Stereotype abgebaut, verursacht beispielsweise durch eine hohe Anzahl von Besuchern, dominante Tiere innerhalb der Gruppe oder räumliche Enge mit wenigen Ausweichmöglichkeiten.

Durch Untersuchungen des Cortisolwerts (Stresshormon) von Eisbären konnte nachgewiesen werden, dass Eisbärinnen besonders anfällig für Stresssituationen sind. (Dr. Ulrike Stephan**)

Wie sollte also die Lösung dieses Problems aussehen oder wie könnte eine Verbesserung der Situation herbeigeführt werden? Ulrike Richter*** schlägt vor: Zum einen sind lebensraumbereichernde und beschäftigungsfördernde Maßnahmen der Gehegegestaltung wichtig (z.B. Spielzeug, Beschäftigungsmaterial), zum anderen Variationen in der Fütterung, wie Streufütterungen und wechselnde Fütterungszeiten.

Vom britischen Tierschutzforscher Trevor Pool stammt das sogenannte „SCAN“-Prinzip. Er hat die Anforderungen an die Tierhaltung wie folgt präzisiert:

S für Sicherheit (security), das heißt Rückzugsmöglichkeiten und Verstecke, Berücksichtigung der artspezifischen Fluchtdistanz, vertrautes Sozialgefüge und die Möglichkeit zur Markierung.

C steht für Komplexität (complexity), reich strukturierte Gehegeeinrichtung sowie komplexe zeitliche Abläufe.

A steht für „etwas erreichen können“ oder „Erfolg“ (achievement). Die Tiere sollen ihre Bedürfnisse durch zielgerichtete Verhaltensweisen befriedigen können bzw. man bezeichnet damit verschaffte Erfolgserlebnisse.

N steht für Neuigkeiten und Abwechslung, die regelmäßig den Alltag bereichern und damit die Eintönigkeit kompensieren sollen.

Die Eisbärenhaltung ist komplex, anspruchsvoll und teuer. Man muss sich also nicht wundern, wenn viele Zoos auf die Ausstellung dieser Tiere verzichten. Denjenigen, die sich entschlossen haben weiter – hoffentlich erfolgreich – zu züchten, kann man nur wünschen, dass die erforderlichen Geldmittel akquiriert werden können und, dass alle Verantwortlichen mit hohem Engagement und vielen guten Ideen für das Wohlbefinden ihrer Schützlinge sorgen.

Man mag die Wirkung des Eisbären als Symbol für den Klimaschutz auf uns bezweifeln, ich bin allerdings anderer Meinung. Sicherlich werden sich nicht alle nach einem Zoobesuch aktiv an Klimaschutzprojekten etc. beteiligen. Aber vielleicht ist es für viele ein Anstoß alte Gewohnheiten zu ändern oder ihr Verhalten zu überdenken. Und das reicht schon.


*Prof. Georgia Mason – Professorin im Fachbereich Tierwissenschaften an der Universität von Guelph/Kanada

Bei meinen Recherchen zum Thema Eisbären waren mir die folgenden Dissertationen besonders hilfreich:

**Dr. Ulrike Stephan – Untersuchungen an Eisbären in europäischen zoologischen Gärten: Verhalten und Veränderungen von Stresshormon-Konzentrationen unter Berücksichtigung der Gehegegröße und Gruppenzusammensetzung (2006)

***Ulrike Richter – Komplexität und Reduzierbarkeit von Stereotypien bei ehemals depriviert gehaltenen Braunbären im Bärenpark Worbis (2004)

Für die Historiker und Frankfurter unter uns: Die Großeltern von Viktoria waren Erich (geb. 1955) und Bärin Teddy (geb 1956). Beide kamen aus anderen Zoos nach Frankfurt und starben dort in hohem Alter. Teddy 1991, Erich 1989. Danach hat der Frankfurter Zoo die Eisbärenhaltung eingestellt.

Art – Artenschutz

Bevor ich mich diesem Thema widme, wäre eigentlich zu klären, was man unter „Art“ versteht. Aufmerksame Leserinnen und Leser werden natürlich jetzt antworten: „das wurde doch im Beitrag Systematik der Tiere erklärt“. Die allgemeingültige Erklärung lautet also: Wenn sich Tiere in ihren wesentlichen Merkmalen gleichen und wenn sie als Männchen und Weibchen miteinander wieder gleiche, fruchtbare Nachkommen hervorbringen, so gehören sie zu einer Art.

Carl von Linné ging davon aus, dass die Arten bereits schon immer existierten. Charles Darwin hat uns dann gelehrt, dass sich Tiere durch Evolution und Arten durch Selektion weiterentwickeln. Es gibt heute einige wissenschaftliche Konzepte um Tiere in Arten einzuteilen. Einige sind wie kaum anders zu erwarten bei den Fachleuten umstritten: das merkmalbezogene Artkonzept, das cladistische Artkonzept oder das Biospezies-Konzept. Charles Darwin hat einmal gesagt:

Keine Definition der Art hat bisher alle befriedigt, obwohl jeder Naturwissenschaftler zu wissen glaubt, was er meint, wenn er von einer Art spricht.

Und nicht genug mit den Naturwissenschaftlern auch Philosophen und Tierethiker wie Christine Korsgaard leisten ihren Beitrag zum Thema. Korsgaard fragt in ihrem Buch „Tiere wie wir“: Menschen betrachten das Aussterben jeder Art als tragisches Ereignis – Warum? Einige Arten sind für das Ökosystem wichtiger als andere, also wo ist das Problem, wenn die eine oder andere Art ausstirbt? Wir Menschen betrachten den Wert eines Tieres für uns, jedoch nicht den Wert des Tieres für es selbst. (Beispiel: wir bedauern das Aussterben von Tigern – gegen das Aussterben der Stechmücken hätten wir jedoch nichts einzuwenden).

Für Biologen ist die Artenvielfalt etwas Gutes und unerlässlich für ein funktionierendes Ökosystem. Daraus folgt, dass das Aussterben einer Art von Bedeutung ist, wenn es die Artenvielfalt und damit die Gesundheit und damit auch das Wohl seiner Bewohner gefährdet. Diese Aussage, der biologische Artbegriff (Fortpflanzungsgemeinschaft) als auch der morphologische Artbegriff (gemeinsame Artmerkmale) bilden die Grundlage meiner eigenen Überzeugung. Ich habe sie im ersten Abschnitt allgemeingültige Erklärung der Art genannt.

Doch nun zum Artenschutz. Dieser ist ein Teilbereich des Naturschutzes. In allen meinen Beiträgen über Tiere spreche ich auch die Zerstörung des Lebensraums an. Abholzung von Wäldern für die Landwirtschaft, Erschließung von Flächen für Siedlungen und Infrastruktur aber auch Trockenlegung von Mooren, Überdüngung und Lichtverschmutzung. Und das passiert beileibe nicht nur in Brasilien oder Afrika, sondern auch bei uns in Europa und den anderen Industriestaaten.


Wenn man über Artenschutz liest, tauchen zwei wichtige Begriffe auf, die ich im Folgenden erkläre:
In-situ-Erhaltung von Ökosystemen und Biotopen bedeutet: die Erhaltung oder Wiederansiedlung von Arten in ihrem natürlichen Lebensraum, beispielsweise durch das Ausweisen von Schutzgebieten.
Im Naturschutz sind Ex-situ-Maßnahmen zur Erhaltung der Artenvielfalt solche, die außerhalb des eigentlichen Lebensraums einer Art stattfinden, beispielsweise in Botanischen und Zoologischen Gärten oder in Genbanken. Eine wichtige Rolle bei Durchführung beider Maßnahmen spielt das 1985 gegründete EEP, das Europäische Erhaltungszuchtprogramm. Das Programm wird vom Verband Europäischer Zoos (EAZA) verantwortet. Ursprünglich sollte das Programm durch den Austausch von Zuchttieren die genetische Diversität der Zootiere sichern, da es immer schwieriger wurde Wildfänge zu bekommen. In den folgenden Jahren verlagerte sich das Hauptaugenmerk jedoch immer mehr hin zum Artenschutz

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Löwe

Tierstimmen lösen bei uns sehr unterschiedliche Reaktionen und Empfindungen aus: das Zwitschern von Singvögeln lässt uns beim Spaziergang innehalten und lauschen; das Gurren der Taube vor dem Schlafzimmerfenster lässt uns an Mord denken; das Kläffen von Hunden die eigentlich keine mehr sind, nervt uns; das Heulen eines Wolfes jagt uns einen Schauer über den Rücken und das Miauen eines Kätzchens löst bei uns einen „Streichelimpuls“ aus.

Das tiefe, langanhaltende Gebrüll eines Löwen gehört wohl zu den beeindruckendsten Stimmen in der Natur (wie auch das Trompeten von Elefanten). In den Savannen Afrikas hat man das Gefühl alles Leben erstarrt und lauscht; im Zoo setzen sich die Besucher eilig in Richtung Löwengehege in Bewegung um die Ursache für das Gebrüll herauszufinden. Das Gebrüll das übrigens meistens morgens und in der Abenddämmerung angestimmt wird und das etwa 5-9 km weit hörbar ist, dient der Reviermarkierung und wohl auch der Kommunikation mit weiter entfernten Rudelmitgliedern. Ein Ranger in der Motswari Lodge (nähe Krügerpark) erklärte uns, der brüllende Löwe würde seinen Bruder rufen.

Der Faszination für diese Tiere kann auch ich mich schwerlich entziehen und so ist es an der Zeit, einige Zeilen über Löwen zu schreiben.

Beschreiben braucht man diese Tierart eigentlich nicht. In vielen Tierdokus sind sie Thema, Spielfilme und Zeichentrickfilme tragen zu ihrem Bekanntheitsgrad bei. Adlige Familien, Städte und Länder haben sich den Löwen als Wappentier erkoren.

Fangen wir also mit der Taxonomie an. Auf der Seite der WWF finde ich zu Löwen folgende Bemerkung: Bis zur abschließenden wissenschaftlichen Klärung schlagen die Raubkatzenexperten der Weltnaturschutzunion IUCN folgende Gliederung der Löwen vor: Die Löwen in Asien, West- und Zentralafrika gehören zur Unterart P. l. leo. Daneben bilden die Löwen in Süd- und Ostafrika die Unterart P. l. melanochaita. Es wird davon ausgegangen, dass diese Einteilung demnächst wissenschaftlich bestätigt wird.“

Die traurige – bestätigte – Wahrheit ist, dass die Unterart der West- und Zentralafrikanischen Löwen stark gefährdet ist (ca. 2850 Tiere) und Berber-Löwen in der Wildnis bereits ausgestorben sind. Der Bestand an Asiatischen Löwen ist auf einen kleinen Bestand im indischen Gir Forest bei Gujarat geschrumpft und somit höchst gefährdet (noch etwa 400 Tiere). In den Zoos kann man sie teilweise noch bewundern und ihre Zucht ist erfolgreich.

Süd- und Ostafrikanische Löwen sind größer als ihre nordafrikanischen und asiatischen Verwandten und die Mähne der Männchen ist deutlich umfangreicher. Bei der asiatischen Unterart kann man daher meist die Ohren sehen. Bei den Afrikanern sind sie durch die Mähne verdeckt. Und für Besserwisser: Löwen sind die einzigen Katzen, deren Schwanz eine Quaste hat. Die Fellfarbe ist üblicherweise einfarbig hell- oder dunkelbeige, allerdings gibt es auch weiße Löwen in Südafrika (Transvaal Löwen) und einigen Zoos. Es handelt sich jedoch nicht um Albinos, sondern um eine erbliche Defektmutation (es fehlen farbstoffbildende Zellen). Die Mähne der männlichen Löwen beeindruckt allerdings nicht nur uns Menschen, sie hat zwei ganz wichtige Funktionen, dazu komme ich gleich.

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Säbelantilope

Diesen Text müsste ich eigentlich in der Vergangenheitsform schreiben. Aber eins nach dem anderen.

Der Lebensraum dieser schönen Antilope ist das nördliche Afrika und umfasst alle Länder in der Sahara oder an sie angrenzend. Dementsprechend sind sie „Hungerkünstler“ und kommen auch einige Tage ohne Nahrung und wochenlang ohne Wasser aus. Sie fressen Gräser, Kräuter, Blätter, Knospen, Früchte, Wurzelknollen und Zwiebeln. Um ihren Bedarf zu decken wandern die Herden weite Strecken.

Angepasst an diese Lebensweise sind die Jungtiere nach ihrer Geburt „Ablieger“. Sie warten also geschützt – soweit möglich – auf die Rückkehr des Muttertieres während deren Nahrungssuche. Nach zwei Wochen bilden die Kälber einen „Kindergarten“ und schließen sich der Herde an.

Säbelantilopen gehören zum Tribus – Pferdeantilopen und der Gattung – Oryx und sind somit nahe Verwandte der Oryx-Antilopen, die man von der Arabischen Halbinsel und dem südlichen Afrika kennt.

Und nun der traurige Teil der Geschichte. Der Direktor der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft Philipp J. Cretzschmar hat die Art zum ersten Mal 1826 wissenschaftlich beschrieben. Im Jahr 2000 mussten die Säbel-Antilopen als ausgerottet eingestuft werden. 1970 lebten in freier Wildbahn noch einige Tausend Tiere. Doch Bürgerkriege, Wilderei und natürlich auch die Dürreperioden in der Sahelzonen ließen den Antilopen keine Chance. Hinzu kam, dass die Menschen offensichtlich ihren Spaß daran hatten, die Jagd vom Auto oder Flugzeug aus zu betreiben. Da die Tiere in ihrem Lebensraum praktisch keine Rückzugsmöglichkeit hatten und Flucht sinnlos war, wurden die Bestände schnell vernichtet.

Von den letzten Überlebenden kamen Anfang der 60er Jahre aus dem Tschad Tiere in europäische Zoos und sicherten so zunächst einmal das Überleben der Art. Erfolgreiche Auswilderungen folgten dann in Tunesien und Marokko, wo heute in geschützten Reservaten etwa 500 Tiere leben. Nach einer Zählung aus dem Jahr 2013 leben in Zoos weltweit etwa 1750 Exemplare und noch ca. 4000 (geschätzt) auf Jagdfarmen und in Privatbesitz in arabischen Ländern.

Ja und wenn der geneigte Leser noch etwas Geld übrig hat: texanische Jagdfarmen bieten Trophäen-Abschüsse für 3000 bis 6500 USD an, rein weiße Exemplare kosten etwa das Doppelte. (Info aus Zootierliste.de)

Ich beende meinen Beitrag nun (bevor mir noch schlecht wird) und füge wie immer einige Fotos an. Diese sind im Vivarium Darmstadt und der Wilhelma Stuttgart entstanden. Die Bilder der Oryx-Antilopen wurden in einem Hotel Resort in Dubai (2001) und in der Kalahari /Südafrika (2019) aufgenommen.

Katta

Wir sind zurück auf Madagaskar und wer innert sich nicht gerne an die „Madagaskar“ Animationsfilme mit Katta King Julien. Er hat die Zuschauer offensichtlich so nachhaltig beeindruckt, dass 2017 eine eigene Serie unter seinem Namen startete. Und nicht nur das, in den Zoos scheint ein regelrechter Katta–Boom ausgebrochen zu sein. Von A wie Angermünde bis W wie Worms findet man praktisch in allen Zoos und Tierparks diese Publikumslieblinge.

Für die ausgesprochen friedliebenden Tiere haben die Zoos neue Haltungsformen entwickelt. So gibt es im Allwetterzoo Münster eine Lemuren Insel, im Salzburger Zoo sind die Kattas auf der Afrika-Savanne u.a. mit Breitmaulnashörnern vergesellschaftet. Weiterhin wurden begehbare Gehege entwickelt, die sowohl dem Besucher optimale Bedingungen schaffen um den Tieren möglichst nahe zu kommen und den Tieren ein Maximum an Bewegungsfreiheit bieten.

Um Kattas erfolgreich züchten zu können, ist es erforderlich, sie in einer großen Gruppe zu halten in der die Männchen zahlenmäßig stärker vertreten sind. Der Männerüberschuss regt in der Fortpflanzungszeit offensichtlich die Werbung und Aktivität an. Im Gegensatz zu anderen Primaten sind in einer Gruppe Kattas die älteren Weibchen dominant. Kattas leben üblicherweise in Gruppen von 6 bis 24 Tieren. Das Revier wird durch stark riechende Duftsekrete markiert, was auch für die Gehege im Zoo gilt. Es herrscht eine strenge Rangordnung unter den Gruppenmitgliedern. Katta Männchen weisen ihre Konkurrenten oder Eindringlinge mit einem besonderen Imponiergehabe in die Schranken. An den Unterarmen der Tiere befinden sich Duftdrüsen. Der Schwanz wird also an den Duftdrüsen vorbeigezogen und mit dem Sekret eingerieben, anschließend wedelt der Katta mit seinem Ringelschwanz dem Mitbewerber um Weibchen oder Rangplatz entgegen. Ein ganz typisches Verhalten der Kattas. Der geringelte Schwanz wird beim Laufen hochgehalten und dient so als Erkennungszeichen im hohen Gras oder Buschland.

Eine erstaunliche Entdeckung machten Forscher der Duke University in Australien. Die Wissenschaftler stellten fest, dass bei Lemuren der Geruch in Zusammenhang mit den genetischen Anlagen steht. So spiegelt der Geruch des Sekrets die genetischen Qualitäten eines fortpflanzungsfähigen Männchens wider. Die Weibchen können also einen vielversprechenden Bewerber erriechen. Des Weiteren fand die Biologin Christina Drea heraus, dass in der Paarungszeit der männliche Geruch auch Aufschluss über das verwandtschaftliche Verhältnis der Tiere untereinander geben kann. Kattas haben verschiedene Duftdrüsen, wie bereits erwähnt an den Unterarmen/Handgelenken, aber auch an der Schulter und den Genitalien.

In ihrer Heimat fressen Katta hauptsächlich Feigendisteln, Früchte von Kakteen (Opuntien) oder Blätter. Die Zoos müssen bei der Ernährung darauf achten, dass das verfütterte Obst zu viel Zucker enthält und daher einen Ausgleich schaffen, da die Tiere sonst zu dick werden.

Kattas sind tagaktiv und lieben die Sonne. Sie setzten sich oft mit ausgebreiteten Armen und Beinen hin und nehmen ein Sonnenbad. Diese aktiven Tiere zu beobachten macht sehr viel Spaß. Sie sind unglaublich flink und beweglich, Sprünge über mehrere Meter sind überhaupt kein Problem. Zum Ausruhen, Schlafen oder um sich aufzuwärmen kuscheln sich die Tiere zusammen, was lustig aussieht, da man einzelne Tiere im Knäuel kaum ausmachen kann.

In Madagaskar beschränkt sich ihr Lebensraum auf den Süden und den Südwesten der Insel. Kattas findet man dort in den Trockenwäldern, in den schmalen Streifen Galeriewald die sich entlang von Flüssen ziehen und im Dornbusch.

Und die folgenden Sätze könnte ich eigentlich kopieren und in praktisch jeden meiner Berichte einfügen: Kattas werden auf der Roten Liste seit 2014 als stark gefährdet eingestuft. Erstens werden sie immer noch als Leckerbissen von der Bevölkerung bejagt oder als Haustier gefangen. Zweitens wird ihr Lebensraum durch die Landnahme der Menschen immer weiter eingeschränkt und zerklüftet, sodass der Genpool durch die Isolierung der Gruppen immer kleiner wird.

Meine Bilder sind im Opel-Zoo Kronberg und im Zoo Heidelberg entstanden.

Bitte auf eines der kleinen Bilder klicken um die Galerie bildschirmfüllend zu betrachten.

Die folgenden bilder entstanden in der Freianlage des Augsburger Zoos 03/23

System im Tierreich I

In meinen Berichten ist oft die Rede von …gehört zur Familie, der Art…  oder …ist eine Unterart von… Es wird also Zeit für eine Erklärung. Wenn wir ordnungsliebende Menschen sind, dann nutzen wir Systeme auf dem PC, bei der Arbeit oder Zuhause um etwas wiederzufinden, zu vergleichen, Zusammenhänge zu erkennen oder zum Meinungsaustausch mit anderen. So auch Biologen, die ein Klassifizierungsschema – die Taxonomie – nutzen, um das komplette Tier- und Pflanzenreich jeweils in eine hierarchische Ordnung zu bringen.

Wenn sich Tiere in ihren wesentlichen Merkmalen gleichen und wenn sie als Männchen und Weibchen miteinander wieder gleiche, fruchtbare Nachkommen hervorbringen, so gehören sie zu einer Art. Wenn sie daneben in unerheblichen Merkmalen, wie Färbung oder Größe, voneinander abweichen, dann kann man von Unterarten, Varietäten oder Rassen sprechen. Arten, die sich nur geringfügig unterscheiden, fasst man zu einer Gattung zusammen. Werden die Unterschiede größer, werden weitere Gattungen aufgestellt. Diese lassen sich dann wieder nach dem Grad der Ähnlichkeit zu Familien vereinigen. Auf der nächsthöheren Stufe stehen die Ordnungen, die aus einander ähnelnden Familien zusammengesetzt sind. Desweiteren werden zusammengehörige Ordnungen zu Klassen und Klassen zu Stämmen vereint, und alle Tierstämme bilden das Reich der Tiere.

Wichtige Voraussetzung ist ein einheitliches Namensgebungsverfahren – die Nomenklatur – das für die Kommunikation zwischen Wissenschaftlern weltweit gültig ist. Die Grundstruktur dieses heute noch gültigen Systems entwickelte Carl von Linné (1707-78). Der schwedische Forscher hat die binäre (doppelte) lateinische Nomenklatur eingeführt, die als Grundlage für sein „Systema naturae“ gilt.

Erklärung für die binäre Nomenklatur am Beispiel für den lateinischen Namen des Östlichen Kleinen Pandas: Es funktioniert wie unsere Vor- und Familiennamen und orientiert sich an Gattung und Art. Der lateinische Name ist also Ailurus fulgens styani und setzt sich aus der Gattung und der Art zusammen und, da es zwei Arten gibt, wurde der Nachname seines Entdeckers des Naturforschers Frederick William Styan hinzugefügt.

Um das System wirklich aussagekräftig zu machen, ist es erforderlich auch die ausgestorbenen Vertreter aller Tierarten zu erfassen. Siehe Anmerkung zu Ailuridae. So lassen sich nach molekularbiologischen und morphologischen Untersuchungen Verwandtschaften oder Abspaltungen von einer bestimmten Linie erkennen. Wer sich wundert, dass Walrosse und Robben in einer gemeinsamen Familie mit Hundeartigen sind, dem sei gesagt, dass es gemeinsame Merkmale gibt, die diese Einordnung rechtfertigen. Neuste Untersuchungen lassen vermuten, dass Bären und Robben einen gemeinsamen Vorfahren gehabt haben.

Oftmals vertreten Wissenschaftler unterschiedliche Ansichten was die Zuordnungen zu einzelnen Rängen betrifft und dies bringt natürlich eine gewisse Bewegung in das System. Oder die Forschungsergebnisse sind schlicht nicht eindeutig und die Diskussion darüber machen Anpassungen der Systematik erforderlich.

In einem folgenden Bericht werde ich auf die Systematik bei Homo sapiens eingehen.

*Die Chorda ist ein vorläufiges Achsenskelett, das durch die Wirbelsäule bei Wirbeltieren im Laufe der Entwicklung des Embryos ersetzt wird.

**Ailuridae – Die Familie umfasst die Kleinen Pandas und ihre bereits ausgestorbenen Verwanden. Eine genaue Darstellung erfolgt normalerweise im Tribus und Subtribus.

System im Tierreich II

Als Carl von Linné sein „Systema naturae“ austüftelte, hatte er natürlich nicht die Untersuchungsmöglichkeiten die uns heute zur Verfügung stehen. Außerdem kamen durch die Vielzahl der Forschungsreisen und Ausgrabungen in den folgenden Jahrhunderten immer mehr Erkenntnisse hinzu, die in der Systematik verarbeitet werden mussten.

Als Beispiel für eine aktuelle Klassifizierung betrachten wir die Ordnung der Primaten. Welches sind die Merkmale eines Säugetieres das dieser Ordnung zugerechnet werden soll.

  • Augen nach vorne gerichtet
  • gering ausgeprägter Geruchsinn
  • vergrößertes Gehirn
  • elterliche Fürsorge
  • verlängerte Jugendphase
  • Bildung sozialer Gruppen
  • spezielles Gebiss (gleiche Zahnformel)
  • Vorderextremitäten sind Greif- und Tastorgane, Daumenbildung

Somit gehören alle Säugetiere, die diese Merkmale besitzen, zur Ordnung der Primaten. Weichen die Merkmale ab, werden sie einer anderen Ordnung zugewiesen.

Entgegen der Denkweise des Mittelalters ordnete Linné den Menschen bereits 1735 ins Tierreich ein. In der 10. Auflage die 1758 erschien erhielt der Mensch seinen bis heutigen gültigen lateinischen Namen Homo (Mensch) sapiens (weiße, klug) und bekam seinen Platz in der Ordnung der Primaten. Allerdings ordnete Linné die Lebewesen nach ihrer Morphologie (Lehre von der Struktur und Form der Organismen) und erst Charles Darwin mit seiner Evolutionstheorie (Die Entstehung der Arten 1859) öffnete die Sicht für ein phylogenetisches System (die Systematik auf Basis der Evolution).

Weitere Erkenntnisse und Forschungen führten schließlich zur Erkenntnis, dass die nächsten Verwandten des Menschen die Schimpansen sind. Dass es im Gegensatz zu Schimpansen und Gorillas beim Homo sapiens keine Unterarten gibt, sprich keine Rassen, ist eine weitere wichtige und aktuelle Erkenntnis. In der Biologie werden die Kriterien für eine Unterart wie folgt definiert:

  1. geographisch begrenzte, klar differenzierte Populationen
  2. über längere Zeit getrennte Stammeslinien

Die Ergebnisse der evolutionsbiologischen und molekulargenetischen Forschung zeigen, dass die beiden genannten Kriterien auf menschliche Populationen nicht zutreffen.

Die Einordnung ins System des Tierreichs und unsere doch nahe Verwandtschaft mit Menschenaffen werfen auch in ethischer Hinsicht viele Fragen auf. Wie definiert sich unser Verhältnis zu Tieren? Sind wir wie in der Vergangenheit gelehrt wurde „die Krone“ der Evolution, gibt es Verpflichtungen gegenüber den Tieren und was ist mit den Rechten von Tieren?

In einem weiteren Artikel möchte ich auf diese Fragen eingehen. Da die Recherche aber Zeit benötigt, werde ich meinen Spaziergang durch die Zoos zunächst einmal weiter fortsetzen.

*Homininae – umfasst Gorillas, Schimpansen und Menschen einschließlich aller ihrer Vorfahren bis zu deren Trennung von der Entwicklungslinie der Orang-Utans